FeralAIR Schmiede20
KünstlerInnen Gespräche FeralAIR (Artist-in-Residency – Feral Lab Networks)
Neben der Schmiede wollten wir heuer neue Ufer eröffnen und bauten unser Artist in Residence Angebot stark aus. 14 Künstlerinnen und Künstler konnten in drei AIR Formaten im September für drei Wochen in Hallein und in der Saline arbeiten.
Den Anfang machen am 8.9. die KünstlerInnen des Feral Labs Network, einem europäischen
Kollektiv von temporär und regional verteilten Zentren für Forschung in den Bereichen
Kunst, Technologie und Communitys aus Slowenien, Frankreich, Dänemark Finnland,
Kroatien und dem Gastgeber Schmiede Hallein aus Österreich.
Am Anfang des Abends gibt Stefanie Wurschitz unter dem Titel „The Women* Who Made It – Interactive Portraits“ einen Überblick über ihre Arbeiten. Sie legt den Fokus auf den Schnittpunkt von Feminismus, Open Source Technologien und Peer Production. Im Rahmen der feralAIR arbeitet sie an einer interaktiven Medieninstallation mit Portraits von Künstlerinnen, die sie als Hackerinnen bezeichnet. Wurschitz versteht diesen Begriff aber nicht im landläufigen Sinne von Datendieben, sondern als emanzipatorische Auseinandersetzung mit Technologie. Sie spielt dabei mit Konstruktion, Dekonstruktion und verleiht dem Hacken mehrere Ebenen: Die einzelnen Portraits von Frauen, die im Bereich Open Source und Peer Production aktiv sind, sollen wiederum quasi „gehackt“ und neu zusammengesetzt werden. Dadurch erhöht Wurschitz die Zahl der – insgesamt gesehen – unterrepräsentierten weiblichen Medienkünstlerinnen.
Mehr: grenzartikel.com – mzbaltazarslaboratory.org – feministhacking.org
Beim zweiten vorgestellten Kooperations-Projekt treffen eine Wissenschafterin und ein Performer und Choreograf zusammen: Lucie Strecker (Berlin/Wien/Bozen) und Daniel Aschwanden (Wien) steigen sofort aktiv in ihr Thema DOG_man.2180 – eine Biofiktion ein und beziehen das Publikum – natürlich mit dem notwendigen Abstand – in ihre Performance ein. Basierend auf einem willkürlich gewählten Text aus Jaques Derridas „Das Tier, das ich also bin“ widmen sie sich dem Gedanken einer posthumanen Welt, in der es nicht nur um Menschen und Hunde sondern auch um Mensch-Tier-Mischwesen geht. In einer fiktiven Zukunft fragen sie sich, ob es ethisch vertretbar ist, die Möglichkeiten des Klonens und der Genmanipulation tatsächlich zu nützen. Sie greifen deshalb auf Derridas Werk zurück, weil dieses Buch sich ausführlich und kritisch mit der anthropologischen Differenz, der Mensch- Tier-Unterscheidung beschäftigt.
Lucie Strecker arbeitet als Künstlerin und Forscherin in den Bereichen Performance Art und Hybrid Art an der Berliner Universität der Künste und am Art & Science Department der Fachhochschule Wien. Sie bringt ihren Ansatz in Verbindung zum Langzeitprojekt DOG_men von Daniel Aschwanden, das über ein Jahr einmal wöchentlich an unterschiedlichen Orten in Wien, aber auch anderen Städten in Asien und Afrika performt. DOG_men beschäftigt sich mit dem Ineinander-Fließen von Identitäten, wie sie nicht nur durch physische Migrationsbewegungen entstehen, sondern auch durch Grenzverschiebungen unter dem Einfluss verschiedener Medien. Aschwanden setzt am Beispiel von Hunde- Menschen jahrtausendealte Mythen ins Verhältnis zu zukunftsweisenden wissenschaftlichen Entwicklungen und spielt mit Fiktionen von hybriden Körpern.
Mehr: luciestrecker.com – art-urban.org
Auch für das dritte Projekt, das an diesem Abend in der Alten Saline vorgestellt wird, haben sich zwei Persönlichkeiten aus sehr unterschiedlichen Genres getroffen: Bei Fields – Vibrant unseen synergies tauschen sich Fara Peluso (ORT), Industrial Designerin mit Schwerpunkt auf Bio Design und Berhard Hollinger (Berlin), Bassist, Komponist und visueller Künstler aus.
Die beiden greifen die Rückkehr des Vinyl in der Welt der Tonträger auf. Fara Peluso experimentiert mit der Mischung von Biokunststoff und wie diese Materialien funktionieren können. Bernhard Hollinger stellt mit seinen Sound Samplings die Töne zur Verfügung. Das erklärte Ziel der Kooperation im Rahmen der feralAIR: Das Ergebnis soll auf einem Plattenspieler abspielbar sein. Der Weg geht dabei von den analogen Ausgangsmaterialien und Tönen über die Digitalisierung wieder zurück zu analog, wenn der fertige Tonträger am Plattenspieler liegt. Peluso experimentiert dabei ganz handfest in einer kleinen Küche mit den Ausgangsmaterialien, die als Alternative zum „guten alten“ Vinyl geprüft werden sollen. Der Fokus beider KünstlerInnen liegt darauf, wie Praktiken und Gesten aus der Bioart und dem DIY Feldern erforscht und in eine neue unsichtbare Materie, den Klang, umgeformt werden können.
Mehr: farapeluso.com – facebook.com/BernhardHollingerMusic
Der vierte für den Abend vorgesehene Gast Gregor Ladenhauf musste seinen „Sprachgalopp der Redeherde“ auf einen späteren Zeitpunkt verlegen. Die Anwesenheit des Künstlerduos Depart Gergor Ladenhauf/Leonhard Lass war auf Grund der Würdigung des Projekts „Entropy Gardens“ auf der Ars Electronica gefragt.
Doku – FeralAIRs 2019