subnetAIR reloaded Schmiede20
Der Abend des 9.9. stand im Zeichen der Artist-in-Residency von subnet, der Salzburger Plattform für Medienkunst und experimentelle Technologien. subnet widmet sich „der Förderung der künstlerischen und kulturellen Auseinandersetzung in und mit digitalen Technologien und ihren gesellschaftlichen Auswirkungen“.
subnetAIR 20 musste auf 21 verschoben werden und verlor die Arbeitsbank am Zentrum für HCI. Aus dieser Notlage entstand einen neue Ausschreibung wie Kooperation zwischen subnet und der Schmiede. Die subnetAIRs 20 reloaded wurden konnten im September für drei Wochen in der Saline arbeiten und an der Schmiede teilnehmen.
Den Anfang in der Vorstellung der Projekte, die auf der Pernerinsel vorangetrieben werden sollen, macht Simon Whetham – online aus Frankreich zugeschaltet, weil leider seine Anreise nach Hallein aufgrund von gecancelten Flügen und Zügen nicht möglich war. Sein Projekt nennt er „MADE TO MALFUNCTION“. Seinen Zugang beschreibt er so: „Seit ich anfing, fokussierter mit Klang zu arbeiten, war es mein Ziel, den Hörer auf diejenigen [Klänge] aufmerksam zu machen, die normalerweise nicht bemerkt werden. Wir überhören im Allgemeinen schöne und seltsame Geräusche, die uns ständig umgeben.“ Aus diesem Grund interessiert sich Whetham vor allem für weggeworfene und/oder entsorgte Alltagsgegenstände und Technik. Mit diesen Fundstücken experimentiert er und erweckt sie zu neuem Leben, indem er ihnen Geräusche entlockt.
Whetham will sich ausdrücklich nicht mit der Black Box in den Maschinen, Geräten und anderen Fundstücken beschäftigen. Ihm ist wichtiger, dass die Maschinen ihn überraschen, indem sie ihm ihre „Natur“ zeigen und ihre Geräusche machen. Sein aktuelles Projekt ist eine Computerkühlung mit Wasser aus einem Tower, den er in einer Straße von Marseille gefunden hat. Er hat noch keine Ahnung, wie sie funktioniert. In den nächsten Tagen wird er sie erforschen und sehen, welche Geräusche sie macht.
Mehr: Doku subnet – simonwhetham.co.uk
Der zweite Künstler im Bunde ist der Linzer Stefan Tiefengraber. Seine Arbeitsschwerpunkte sind zum einen kinetische und Rauminstallationen, zum anderen Audio- und Video-Performances. Zur Verdeutlichung gibt Tiefengraber einen Überblick über sein Schaffen. Er zeigt Rauminstallationen mit Sound – besonders beeindruckend „Rotating Lights“, eine kinetische Lichtinstallation, realisiert 2015 während der MMCA Residency Changdong – Seoul. Fünf für Korea typische Leuchten, an einer Wand montiert, drehen sich immer schneller, bis sie dann – abrupt abgedreht – den Betrachter in Dunkelheit zurücklassen.
Tiefengraber erweitert in seinen Arbeiten die Funktion der Gegenstände. Er modifiziert z.B. Lichtquellen für die Ausgabe von Tönen und umgekehrt. Er setzt dabei analoge und digitale Mischpulte ein und zweckentfremdet sie: der Videomixer gibt Sound aus, der Audiomixer sorgt für die abstrakten Bilder dazu. Tiefengrabers Ziel ist es, mit alten und neuen Materialien zu experimentieren und in der Verbindung mit der Wahrnehmung des Publikums zu neuen und unvorhersehbaren Ergebnissen zu kommen. In Hallein nützt er für seine Installation 01V96 01V96 ein Second Hand Mischpult und einen Computer. Aktuell ist er auf der Suche nach der Software, mit der der Computer das Mischpult steuern wird.
Mehr: Doku subnet – stefantiefengraber.com
Der Medien- und Konzeptkünstler Lukas Gwechenberger setzt sich in seinen Arbeiten mit Räumen und räumlichen Gegebenheiten auseinander. Er erweitert den Begriff Medien (wieder) ins konkret Greifbare: Für ihn können alle Gegenstände Medien sein, die kommunizieren und Botschaften vermitteln. Er spielt mit ihnen und lässt offen, was sie dem Betrachter sagen. Ein Projekt während der Schmiede 2016 bestand in der Arbeit in und an einem vorher noch nie bespielten Maschinenraum, der gereinigt, erforscht und renoviert wurde.
Während seines diesjährigen Aufenthalts in Hallein greift er das Schmiede-Thema „Pferde“ auf und beschäftigt sich mit dem Phänomen der Widerspenstigkeit, Wildheit. Gwechenberger plant eine Installation, die mit Pneumatik arbeitet. Ein Kunststoffschlauch bewegt sich mit Luftdruck – unvorhersehbar, unberechenbar, so wie viele Menschen ungezähmte Pferde empfinden. Es geht ihm dabei um die Faszination, die Wildheit hat, wenn man sie aus sicherer Entfernung beobachten kann.
Mehr: Doku subnet – gwechenberger.eu
Auch der vierte im Bunde Stefano Mori arbeitet analog. Der studierte Architekt greift in seinen Arbeiten auf alte Kulturtechniken zurück. Sehr ausfühlich hat er sich mit dem Lehmbau beschäftigt, der im letzten Jahrtausend in unseren Breiten zunehmend in Vergessenheit geraten ist und nur mehr in Dritte Welt Ländern praktiziert wird. Er zeigt Beispiele von Lehmherstellung aus Bangladesh, einen Kindergartenbau in Zimbabwe und einen Rundbau aus Lehm-Layern, den er im Rahmen der Biennale von Venedig 2016 errichtet und ausgestellt hat, um so diese Bautechnik auch in Europa wieder ins Bewusstsein zu rufen.
Sein Projekt für Hallein „Indoor Rain“ setzt sich damit auseinander, dass der Architekt grundsätzlich daran interessiert ist, Regen außerhalb des Gebäudes zu halten. Menschen wollen in ihrer Behausung sicher sein und das Gefühl haben, dass sie alles kontrollieren können. Heutzutage wird allerdings 90% der Zeit in Gebäuden verbracht. Das Gefühl des „Draußen seins“ geht verloren. Deshalb plant Mori, den Regen unvorhersehbar, wie er ist, in den Innenraum zu bringen. Um zu verdeutlichen, worum es ihm im Prinzip geht nützt er ein Kurzvideo von den „Simpsons“, das zeigt, wie kreativ Homer mit einem Leck im Dach umgeht und ein komplexes Leitungssystem entwickelt, um das Wasser zu fassen, durch den Raum und wieder hinaus zu befördern. Man darf gespannt sein, was Stefano Mori in den drei Wochen in Hallein einfallen wird.
Mehr: Doku subnet – far-ms.com